Haus Lauchheimer

Im Jahr 1777 unterzeichnet eine Delegation jüdischer Familien einen Schutzbrief der Ortsherrschaft von Liebenstein und setzt damit den Grundstein einer jüdischen Siedlung in Jebenhausen. Das Wachstum der israelitischen Gemeinde erreicht seinen Höhepunkt in der Mitte des 19. Jahrhunderts, bis sich durch Abwanderungen die jüdische Gemeinde in Jebenhausen auflöst und sich anfangs des 20. Jahrhunderts der Tochtergemeinde Göppingen anschließt.

Schloss Liebenstein
Jebenhausen (alte Ansicht)

Unter den wenigen noch gebliebenen Jebenhäuser Einwohnen jüdischen Glaubens befand sich die Familie von Max und Betty Lauchheimer mit ihrer Tochter Regina Auerbacher, wohnhaft am Vorderen Judenberg 23. Er war Metzger und Viehhändler.

Seine Enkelin Inge Auerbach, Tochter von Regina und geboren als letztes jüdisches Kind in Kippenheim, verbrachte die Zeit von Mai 1939 bis Ende 1941 bei ihren Großeltern in Jebenhausen.
Max Lauchheimer verstarb 1939 in Jebenhausen. Er hatte sich von seiner Inhaftierung im KZ Dachau nie wieder erholt. Als letzter jüdischer Bürger, wurde er auf dem Judenfriedhof in Jebenhausen bestattet.

Seine Frau Betty wurde 1941 nach Lettland deportiert und in einem Wald nahe Riga erschossen. Ein Stolperstein am Vorderen Berg erinnert an ihre Ermordung.
Ihr Tochter Regina, deren Mann und deren Tochter Inge wurden 1942 von Göppingen aus in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und überlebten den Holocaust wie durch ein Wunder.

Die Überlebenden der Familie Lauchheimer emigrieren nach dem Krieg in die USA, dort beginnt in den 80er Jahren Inge Auerbach ihre Kindheitserinnerungen aufzuschreiben. Mit ihrem in acht Sprachen übersetzten autobiographischen Buch „ Ich bin ein Stern“ wird sie weltberühmt.

Ich bin ein Stern
Haus Lauchheimer (heute)

Das Wohnhaus der Familie Lauchheimer in Jebenhausen wurde verkauft und diente bis in die 90er Jahre als Wohnhaus. Dank der Bemühungen des evangelischen Gemeindepfarrers Arnold Kuppler wurde das Gebäude 2005 als Kulturdenkmal ausgezeichnet und so vor dem Abriss bewahrt.

Dieses Wohnhaus steht als eines der letzten Gebäude der Jüdischen Siedlung in Jebenhausen an der ehemals Vorderer Judenberg genannten Straße. Nach seinen baulichen Merkmalen wurde das Haus in der Zeit um 1800 errichtet, womit es in die Expansionsphase der 1777 gegründeten jüdischen Gemeinde fällt.

Bei dem Gebäude – jetzt Vorderer Berg 23- handelt es sich um ein noch recht gut überliefertes Beispiel des –neben einem eingeschossigen Haustyp- ursprünglich verbreiteten zweigeschossigen Typs. Es ist in Teilen mit Gewölbe unterkellert, verputzter Fachwerkbau mit Satteldach und mittigem Dachhaus.

Dies, sowie die axiale Fensteranordnung und ein stark profiliertes Traufgesim,s kennzeichnen das klassizistisch geprägte schlichte Äußere des Hauses. Der Grundriss ist traufseitig erschlossen und ist in seiner Struktur im Wesentlichen erhalten. Zu Wohnräumen umfunktioniert wurde allerdings der Stall im nordöstlichen Teil des Erdgeschoßes. An historischer Ausstattung überkommen sind neben der wohl bauzeitlichen Treppe einige Wohnräume, die durch rahmende Deckenstuckprofile aufgewertet sind sowie Türen aus dem 19. Jahrhundert. Im Dachgeschoss sind einfach ausgestattete Kammern, zum Teil mit unbekleideter Dachuntersicht und mit Farbfassung auf den übermalten Fachwerkwänden erhalten geblieben.

Das Wohnhaus ist eines der wenigen, noch in großen Zügen anschaulich überkommenen Gebäude der früheren jüdischen Siedlung Jebenhausen und deshalb ein wichtiges historisches Dokument. Es ist ein Kulturdenkmal nach §2 DSchG Baden-Württemberg aus wissenschaftlichen(kulturwissenschaftlichen, bau- und sozialgeschichtlichen) sowie aus heimatgeschichtlichen Gründen. An seiner Erhaltung besteht aus exemplarischen und dokumentarischen Gründen ein öffentliches Interesse. (RP Stuttgart Denkmalpflege)
Der jetzige Besitzer hat lange Zeit versucht dieses Gebäude zu verkaufen. Mangels Interessenten hat er im Frühjahr bei der Stadt Göppingen als unterste Denkmalbehörde die Erlaubnis zum Abriss beantragt.

Im Oktober 2013 wurde das ehemalige Jüdische Wohnhaus vom Besitzer an einen Privatunternehmer verkauft. Dieser hat das Gebäude saniert und bewohnt es mittlerweile selbst.


Eine Kooperation mit dem Verein hat der neue Eigentümer aus Kostengründen abgelehnt. Das Verhältnis zwischen ihm und dem Vereinsvorstand steht trotzdem auf einer konstruktiven Basis.


Die Mitgliederversammlung hat am 7.11. 2014 beschlossen, dass die Arbeit des Vereins weitergehen soll. Geplant sind 2-3 Veranstaltungen im Jahr und die Erstellung eines Lern-/Erinnerungsweg in Jebenhausen
zur ehemaligen jüdischen Besiedelung.


Das Projekt Erinnerungsweg „Jüdisches Leben in Jebenhausen“ wurde mit der Eröffnungsfeier am 13.10.2017 abgeschlossen.